Befindet man sich in der Hundebubble, kommt man um die sogenannten Dogfluencer nicht herum. Durch den Klick auf den Abonnieren-Knopf kann man einfach an dem Hundealltag anderer Menschen teilhaben, süße Fotos betrachten oder sich den ein oder anderen Tipp oder Inspiration abholen. Und was gehört zwingend zum Alltag dazu? Die Fütterung. Schön hergerichtete Näpfe, viel Meinung über Futtermittel und etwas, was uns alle verbindet - die Liebe zu unseren Hunden.
Inhaltsverzeichnis
• Die Ästhetik-Falle: Instagram
• Barf & Napf-Ästhetik
• Versteckte Probleme der Napf-Ästhetik
• Trend-Hopping-Deluxe
• Der Einfluss von Dogfluencer Werbung
• Falsche Körperbilder
• 24/7 Reizüberflutung
• Fazit
Die Ästhetik-Falle: Instagram
Auch ich folge sehr vielen Hundeaccounts, meine Yuna hat sogar selbst einen. Grund dafür ist, dass ich sehr gerne Einblicke in unser Training gebe oder schöne Fotos teilen möchte. Ich habe für mich darüber nachgedacht, warum ich so vielen privaten Hundeaccounts folge und was mich dazu bringt, auf "Abonnieren" zu klicken.
Mich bewegen dazu entweder sehr hochwertige und professionelle Fotos oder authentische Story-Einblicke, bei denen ich Gute Laune bekomme, eine Entwicklung miterleben kann oder mit denen ich mich identifiziere.
Gefährlich empfinde ich Schleichwerbungen und fragwürdige Empfehlungen bzw. Meinungen. Wo fangen diese aber überhaupt an und wer beurteilt das? Beschäftigt man sich etwas mehr mit dieser Thematik, eröffnet sich ein großes Meer aus Problemen, welches eine solche Tragweite hat, dass einige Menschen ihre Abschlussarbeit darüber schreiben - der Einfluss von Social Media.
Wir bleiben heute natürlich beim Thema Hund, denn auch unsere geliebten Vierbeiner sind auf allen Social Media Plattformen sehr präsent. Um den Rahmen noch etwas enger zu stecken verrate ich auch die Punkte, welche ich in diesem Blogartikel thematisieren werde: Barf, Napf-Ästhetik, Trend-Hopping, Einfluss von Dogfluencer-Werbung, falsche Körperbilder und die generellen Probleme der Reizüberflutung durch Social Media.
Barf & Napf-Ästhetik
Ich vermute, jeder Leser hat auf Instagram schon einmal eine Story mit vollem Napf angezeigt bekommen oder selbst auch schon gepostet. Oftmals sehr hübsch mit besonderen Toppings, Obst oder Gemüse, manchmal auch Kräutern oder Blütenpollen. Insbesondere Barf-Näpfe eignen sich für ein solches Posting sehr gut. Wenn überhaupt Zusätze hinzugegeben werden, dann minimal und in TikTok Videos meist auf einer kleinen, hübschen Schüssel serviert. Viele dieser Bowls sehen schön aus. Die Nutzer sind stolz auf ihre Napfkreation und in der Regel auch stolz auf die Fütterungsart. Klickt man dann auf das Profil ist in der Regel auch ein "Barf-Highlight" zu finden.
Was lösen Postings wie diese aber bei den Zuschauern aus? Das habe ich meine Abonnenten auf Instagram gefragt. Ich möchte ein paar dieser Antworten mit euch teilen.
"Mein erster Gedanke ist oft: Oh Lecker! Aber ehrlich gesagt hält dieser Gedanke meist nur kurz. Im Endeffekt ist es für den Hund ja völlig irrelevant , wie das Futter aussieht oder angerichtet ist. (...) Alles was in den sozialen Medien passiert ist "toll". Also wenn jemand da sein Futter postet, dann muss doch a) das Futter gut sein und b) auch derjenige der es postet, denn er gibt sich so viel Mühe für seinen Hund."
"Ich würde gerne auch so schöne Bilder machen, aber das Futter sieht bei mir immer eher durcheinander und unästhetisch aus."
"Solche Bilder sind für mich eine Inspiration. Es macht mich glücklich zu sehen, dass sich andere Menschen so bewusst mit der Ernährung ihres Hundes auseinandersetzen. (...) Für mich steckt da ganz viel Freude, Achtsamkeit und Liebe drin."
"Ich habe vor kurzem einen solchen Beitrag auf Instagram gesehen. Danach habe ich in den Napf von meinem Hund geschaut. Es sah aus, als hätte ich ihm unsere Essensreste serviert. Ich habe mich gefragt, ob es in Ordnung ist, dass sein Napf so aussieht. Ich habe mir schon oft die Frage gestellt, ob ich es meinem Hund vielleicht doch noch besser machen könnte. Das Auge isst doch irgendwie mit, wenn vielleicht auch nicht beim Hund. Ich versuche es, mittlerweile unterbewusst schöner anzurichten."
Ich möchte auf meine gestellte Frage ebenfalls antworten. Auch ich versuche Yunas Napf immer mal schön in Szene zu setzen und trotzdem stoße ich immer wieder auf Näpfe, die einfach noch schöner aussehen. Ich erwische mich bei den Fragestellungen, wie es so ordentlich aussehen kann, warum alles so enorm farbenfroh erscheint und ob ich nicht doch mal die nächste Investition in einen schön getöpferten Napf tätigen sollte.
Aus Recherche-Gründen habe bin ich einige Kommentare unter TikTok von Hundenäpfen durchgegangen.
"Woher ist der Napf?"
"Machst du jeden Tag so sein Essen?"
"Du bist so eine gute Besitzerin 🥰"
"Wo hat sie die Blütenpollen her?"
"Ich möchte auch barfen."
"Könnte man das Essen genauso von dir kopieren?"
Es sind positive, als auch negative Kommentare zu finden. Die positiven überwiegen. Ich sehe es teils positiv, teils negativ an. Ein schön hergerichteter Napf zeigt, dass man sich Mühe für seinen Hund gibt, aber was ist, wenn der eigene Napf anders aussieht? Wenn alles vermischt ist und es nicht unbedingt appetitlich aussieht? Gibt man sich dadurch weniger Mühe? Wie häufig werden wohl Fotos gemacht, doch bevor der Hund frisst, wird doch nochmal alles durchgemischt?
Ich selbst poste auch immer mal wieder Fotos von Yunas Futter. Aber warum? Teilweise empfinde ich es als Aufklärung. Manchmal ist es für mich auch einfach ein Grund eine Story hochzuladen, weil ich es schon lange nicht mehr gemacht habe. An anderen Tagen möchte ich nur einen kleinen Einblick in unsere Routinen geben.
Ich habe die Frage nach dem "Warum" auch an meine Abonnenten gestellt.
"Ich habe richtig Spaß daran, das Futter für meinen Hund herzurichten. Fürs Bild richte ich die Zutaten manchmal schöner an, weil es so einfach ästhetischer wirkt. Meistens wird danach aber alles nochmal vermengt, damit es für meinen Hund praktisch ist. Mir geht es beim Teilen nicht darum, dass es perfekt aussieht, sondern darum, Freude am Anrichten zu zeigen und andere vielleicht zu inspirieren, den Napf mit Liebe zu gestalten und zusätzlich Aufklärungsarbeit zu leisten, wie wichtig eine artgerechte Ernährung ist."
"Ich poste solche Bilder nicht, aber für mich ist es in der Regel eher Marketing oder ein Wunsch nach Aufmerksamkeit. (...) Diese Fotos erinnern mich immer an Restaurants, wo das Essen auch oft "schön angerichtet" wird. Das Auge isst eben mit. Beim Menschen."
"Für mich ist es gar nicht so wichtig, dass es hübsch aussieht, aber für Insta sieht es natürlich schöner aus. Ich denke wenn man jeden Bestandteil sieht und es schon fast schmackhaft aussieht, wie ein Essen für den Menschen, dann haben vielleicht mehr Leute Lust ihren Hund auch so zu ernähren."

Ich möchte gerne ein Foto mit euch teilen. Hier seht ihr Fotos von mir und vor allem den Unterschied der Zusätze. Ein Napf, der übrigens immer supplementiert werden muss, sieht einfach nicht mehr so farbenfroh aus, wie ein Napf ohne. Übrigens ist Seealgenmehl allein keine ausreichende Ergänzung!
Wie oft bekommt man auf den sozialen Medien Mineralstoffergänzungen in ausreichender Menge zu sehen?
Eine aktuelle Untersuchung aus dem International Journal of Research in Marketing zeigt, dass farbkomplexe Bilder mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen und zu mehr Interaktionen auf Social-Media-Plattformen führt. Farbenreiche Bilder erzeugen deutlich mehr Blickfänge, als Graustufenbilder. Eines fällt anhand meiner Fotos auf jeden Fall auf: Zusätze nehmen die Farben. Nehmen sie vielleicht die Ästhetik?
Einige Studien aus dem Marketingbereich zeigen, dass bis zu 60% der Kaufentscheidungen auf die Farben zurückzuführen sind. Darunter beeinflusst die Farbe Stimmung, Appetit und sogar die Bewertung von Produkten. Dazu kommt der sogenannte "Halo-Effekt". Dieser besagt, dass ein auffälliges, attraktives Merkmal, beispielsweise das Aussehen, automatisch positive Eigenschaften, wie "gesund", "kompetent" und gut" hervorruft. Dieses Prinzip gilt auch für Hundenäpfe. Wenn ein Napf gesund aussieht, wird er auch gesund geglaubt, obwohl keinerlei Daten zur Nährstoffqualität vorliegen.
Zu all dem kommt, dass ästhetische Bilder oft Reichweite bringen. Dies belohnt also das Verhalten. Lifestyle und Ästhetik klicken sich gut. Psychologisch gesehen passiert hier sogar noch weitaus mehr. Dass wir Menschen viel auf den Hund übertragen ist nichts Neues. Allein das Prinzip der Abwechslung ist ein gängiges Thema bei mir in der Hundeernährungsberatung. "Ich möchte doch auch nicht jeden Tag das Gleiche essen."
Der Hund wird oft humanisiert. "Wenn mein Frühstück schön angerichtet ist, soll es doch auch bei meinem Hund so sein." Den Hund interessiert es rein faktisch allerdings nicht, ob das Gemüsepüree neben dem Fleisch liegt oder damit vermengt ist. Wie auch in den oben stehenden Antworten zu lesen, ist die Emotionalisierung ein wichtiger Teil der Napf-Ästhetik. Ein schöner Napf signalisiert automatisch Liebe und Wertschätzung für das Tier.
Versteckte Probleme der Napf-Ästhetik
Ich habe bereits die Nährstoffe thematisiert. Das wohl größte Problem in der Hundeernährung sind unerkannte Nährstofflücken. Viele Menschen wollen es nicht wahrhaben, hinterfragen manchmal gar nicht erst, ob die Fütterung ihres Lieblings den gesamten Nährstoffbedaf deckt. Insbesondere wenn man sich so viel Mühe mit dem eigenen Napf gibt und sich vermeintlich gut auskennt, hinterfragt man noch weniger. Diese These stelle ich nun einfach mal in den Raum.
Häufig sehe ich Obst und Gemüse gestückelt im Napf. Das sieht als Topping wunderbar aus, aber wusstest du, dass der Hund nichts von den Nährstoffen hat? Er kann die Zellwände nicht aufspalten. deshalb ist er entweder darauf angewiesen, dass du die Lebensmittel kochst oder pürierst. Es sieht also toll aus, aber mehr auch nicht.
Gerade durch dieses Unwissen, können andere Hundehalter in die Irre geführt werden. Es kann zur Nachahmung ohne jegliches Verständnis führen. Wir erinnern uns an die TikTok Kommentare zum Thema "Blütenpollen" und "Kann man das Essen so von dir kopieren?".
Und was ist denn eigentlich mit der Gruppe Fertigfutter? Innerhalb der Hardcore-Barf-Community haben diese sowieso kein Recht auf einen Hund. Regelmäßig verschiebt sich der Fokus von "Mein Hund bekommt was er braucht" zu "Mein Hund hat den schönsten Napf". Zumindest scheint es, insbesondere auf TikTok, manchmal so. An dieser Stelle möchte ich sagen: Ein Hund kann auch bedarfsdeckend mit Trockenfutter ernährt werden. Genauso kann aber auch eine unausgewogene Barf-Ration die schlechteste Option für deinen Hund sein!
Ich möchte einmal noch auf meine Befragung zurückkommen. "Ich habe vor kurzem einen solchen Beitrag auf Instagram gesehen."
Diese Aussage hat sich auf meinen Instagram Beitrag zum Thema "Wie viel kostet Barf im Monat?" bezogen, denn hier habe ich thematisch passende Bilder hinzugefügt. Allesamt von mir aufgenommene Napfbilder. Hier habe ich natürlich darauf geachtet, dass die Zusätze nicht die schönen Farben zerstören, denn farbenfroh gefällt es natürlich auch mir besser.
Niemals wollte ich mit einem solchen Posting bei einem Leser Zweifel schüren. Das war nicht meine Intention. Das Problem ist aber: Ich kann nicht steuern, was meine Postings bei anderen Leuten auslösen. Genauso kann Person xy, welche ich auf TikTok gesehen habe nicht steuern, dass ich nun das Konsum-Verlangen habe, einen neuen Napf zu kaufen, obwohl wir wirklich genügend zuhause haben.
Obwohl es also nicht von mir gewollt war, vermittle ich mit meinen Fotos bei einer anderen Person ein schlechtes Gefühl und Zweifel. Fotos, die ich bewusst ohne Zusätze aufgenommen habe, damit es schöner optisch ansprechender aussieht. Fotos, die also gar nicht zu 100% das zeigen, wie es ist. Wir erinnern uns an der Stelle an eine weitere Antwort meiner Befragung. "Fürs Bild richte ich die Zutaten manchmal schöner an, weil es so einfach ästhetischer wirkt. Meistens wird danach aber alles nochmal vermengt, damit es für meinen Hund praktisch ist."
Trend-Hopping-Deluxe
Steckt man einmal in der Hundebubble und hat dein Algorithmus verstanden, dass du dich mit dem Thema Hundeernährung auseinandersetzen möchtest, kommt man gar nicht um das Thema Barf herum, ob man es nun selbst macht oder nicht. Nach einigen Videos, welche ich mir zum Thema Napf-Ästhetik angeschaut habe, fällt eines auf: viele Leute wollen Barfen. Die einen dürfen es nicht wegen der Eltern, die anderen haben Angst vor den Kosten. Dass der hübsche Napf aber als Inspiration dient, zumindest mal um ein Kommentar zu verfassen, das ist immer ersichtlich. Die Sinnhaftigkeit der Fütterungsform oder die Deckung der Nährstoffe rutscht hier in den Hintergrund.
Ich bin mir sicher der ein oder andere hat auf TikTok bereits ein Video angezeigt bekommen, in dem ein Barf-Hersteller mit niedrigen Kosten für das eigene Barf-Fleisch wirbt. Insbesondere dann, wenn man sparen kann, werden wir doch alle hellhörig, oder?
"Wie bekommt man das so günstig hin? Kann man sich bei euch beraten lassen?"
"Super! Das muss ich auch machen. Ich habe es gespeichert, hoffentlich finde ich es wieder."
"Das sieht echt toll aus. Ich überlege auch zu barfen. Wo holst du das Fleisch?"
Barf zählt mittlerweile nicht nur zu den Fütterungsformen, sondern gleicht einem Lifestyle, einem Statement. Anstatt über Nährstoffdeckung zu diskutieren wurde aus natürlich=besser. Barfen wird als einfach dargestellt. Der Online-Rechner spuckt ein paar Zahlen aus und dann geht es los. Dazu kommt Marketing und ganz viel Meinungen der Online-Community. Oft springen Leute auf den Zug mit auf, weil man es irgendwann so oft gesehen hat, dass man es auch haben möchte. Dadurch wird Barf leider nicht mehr so stark als die komplexe Ernährungsform wahrgenommen, wie sie eigentlich ist. Barf wurde zur Mode - einfach, günstig, besser.
Barf kann sowohl einfach, als auch günstig und besser sein. Das aber leider nicht durch irgendein Buch oder einen Online-Rechner. Barf ist wesentlich komplexer als Fertigfutter, wenn man es richtig angehen möchte. Und das vielleicht Wichtigste: Barf ist nicht für jeden etwas. Es ist nicht für alle Menschen oder Hunde geeignet.
Ich verstehe, dass wir Menschen immer bewusster Leben. In einer Welt voll Zusatzstoffen und Fertigprodukten wächst das Verlangen nach Natürlichkeit. Barf scheint dieses Verlangen zu stillen. Natürlich ist aber nicht gleichzusetzen mit gesund.
Gerade Barf ist ein Paradebeispiel dafür geworden, wie stark die Wahrnehmung von Fütterung durch Trends geprägt wird. Und genau da setzt meiner Meinung das Trend-Hopping an. Heute Barf, morgen die vegane Ernährung, übermorgen Superfoods. Hauptsache modern und Hauptsache dabei.
Der Einfluss von Dogfluencer-Werbung
Heutzutage hat so gut wie jede Person uneingeschränkten Zugang zum Internet. Viele Hunde haben ihren eigenen Instagram-Account. Die einen teilen zum Spaß, die anderen verdienen damit sogar Geld. Nicht untypisch ist es als sogenannter Dogfluencer Kooperationen anzunehmen. Insbesondere dann, wenn eine bekannte Marke mit einem kooperieren möchte, fühlt es sich an wie ein Ritterschlag. Doch was steckt dahinter?
Viel zu oft sehe ich Werbung für ein und den selben Hersteller von Hundefutter. Auf Instagram, TikTok und Co. meiner Meinung nach der bekannteste Futterhersteller durch Kooperationen. Um ganz ehrlich mit euch zu sein, kann ich all diese Werbung nicht mehr sehen, denn hier werden gefühlt Creator ausgelost, um Werbung zu machen. Es handelt sich hier nicht um Ernährungsberater oder andere fachliche Personen, sondern es sind immer "normale" Hundebesitzer. Sollte das vielleicht schon ein erstes Anzeichen sein?
Es wird haufenweise Werbung für ein Futter gemacht, welches ich nach einer ausführlichen Nährstoffanalyse nicht an meine Kunden empfehlen würde. Trotzdem überall Werbung, positive Stimmung und vor allem: Rabattcodes.
Neben all der Werbung und den positiven Berichten kommt hier immer eines zu kurz, die fachliche Einordnung. Wie kann etwas auch schlecht sein, wenn man in mehreren Videos Hunde sieht, die ihr Futter so schnell auffressen? Statt Beratungen finden viel zu häufig Produktplazierungen statt. Sobald es sich um eine Kooperation handelt, darf man die monetäre Absicht nicht vergessen.
Es ist in der Tat ein sehr großer Unterschied, ob Dogfluencer Werbung für Hundefutter oder Hundeleinen machen. Ernährung ist ein individuelles, anspruchsvolles Feld und definitiv mehr, als eine Konsumempfehlung.
Falsche Körperbilder
Dass Instagram uns Menschen falsche Körperbilder vermittelt, ist in der heutigen Zeit wohl kein Geheimnis mehr. Schon damals in der Schule hat sich meine Abschlusspräsentation um das Thema "Der Schönheitswahn in Hollywood" gedreht. Sieht man auf Instagram tagelang immer wieder Menschen mit makelloser Haut und in schönen Klamotten, ist es nicht selten, dass Selbstzweifel auftauchen und man sich, wenn auch unterbewusst, vergleicht.
Nicht anderes passiert leider auch bei unseren Hunden, wenn auch in leicht abgewandelter Form. Jeder zweite Hund in Deutschland ist zu dick. Somit ist Übergewicht eine der häufigsten Erkrankungen bei Hunden. Seit ich mir dessen mehr bewusst bin, sehe ich immer und immer wieder Hunde auf der Straße, die eindeutig zu viele Kilos auf den Hüften haben.
Ich habe bereits über Dogfluencer und Hundeaccounts gesprochen. Sieht man immer wieder Hunde, die zu dick sind, fängt das Unterbewusstsein irgendwann an, es als normal einzustufen. Zumal es bei einigen Hunden "doch nur an ihrem Fell liegt". Hundebesitzer starten damit ihren Hund nicht mit seinem Idealgewicht zu vergleichen, sondern mit dem, was sie im Alltag oder auf sozialen Medien sehen.
Es gibt ein Video aus Amerika, von zwei Golden Retrievern, welche nebeneinander auf dem Gehweg laufen. Beide sind sichtlich übergewichtig. Hinterlegt ist eine lustige Musik. Ich erinnere mich, dass die Kommentare weitestgehend positiv waren und sich über "die lustig wackelnden Popos im Takt der Musik" erfreut haben.
Insbesondere bei kurzschnäuzigen Rassen oder typischen Familienhunden, wozu der Golden Retriever nunmal zählt, werden ein paar Kilos zu viel als besonders süß empfunden. Das zeigen genügend Kommentare unter TikToks oder Reels.
Die Studie der MDPI aus 2023 zeigt, dass 75 % von Hundebesitzern das Gewicht von normalgewichtigen Hunden anhand gezeigter Fotos unterschätzen. 33 % davon unterschätzen den Körperzustand des eigenen Hundes, dies hauptsächlich bei übergewichtigen Hunden. Das Ergebnis der Studie zeigte, dass die meisten Menschen Normal- sowie Übergewicht unterschätzen.
Und das, obwohl die Folgen von Übergewicht gravierend sind. Übergewichtige Hunde sterben im Durchschnitt zwei Jahre früher und haben ein höheres Risiko an Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes oder Gelenkproblemen zu erkranken. Der Blick scheint bereits sehr verzerrt. Wenn Übergewicht zur neuen Normalität wird, geht das Gefühl für einen gesunden Hundekörper verloren. Das macht Prävention und Gewichtskontrolle sehr schwierig.
Ich bestreite nicht, dass es vom Knochenbau her kräftigere Hunde gibt, dass einige Rassen mehr Fell oder Unterwolle haben, allerdings bieten diese Punkte keine Entschuldigung. Keine Rasse ist darauf ausgelegt oder gezüchtet dick zu sein.
Hier eine kleine Anleitung, wie du das Gewicht deines Hundes beurteilen kannst. Frag bei Unsicherheiten lieber nach Rat!
1. Stelle dich über deinen Hund, der sehr gerade stehen sollte. Ein Hund mit Idealgewicht hat eine erkennbare Taille. Siehst du keine oder ist der Körper fassförmig, könnte dein Hund übergewichtig sein. Bei zu starker Ausprägung reden wir von Untergewicht.
2. Bei einem Hund mit Idealgewicht kannst du die Rippen leicht fühlen. Du musst keinen starken Druck anwenden.
3. Ein idealgewichtiger Hund hat eine aufgezogene Bauchlinie. Der Bauch steigt also nach hinten leicht an.
24/7 Reizüberflutung
Die sozialen Medien sind ein Ort ständiger Reize. Bilder, Videos, Stories, Empfehlungen, Werbung. Alles prasselt sekündlich auf die Nutzer ein. Durch das ständige scrollen prägen oben genannte Dinge unterbewusst unsere Wahrnehmung. Tausendfache Wiederholungen lassen Randerscheinungen zur Norm werden. Die Napfästhetik ist hierbei nur ein kleines Beispiel von vielen. Bunt angerichtete Portionen, hochwertig erscheinende Dekorationen und das perfekte Licht vermitteln den Eindruck einer gesunden, bedachten Lebensweise. Die Frage, ob der Hund damit wirklich das bekommt, was er braucht, rückt in den Hintergrund.
In diesem Kontext hat sich Barf geradezu zu einem Lifestyle entwickelt. Und so wird ganz schnell aus einer Ernährungsform ein Trend, dem viele folgen wollen, ohne vielleicht genau zu wissen, was sie eigentlich tun. Denn Meinungen gibt es im Internet ja wirklich genug.
Dieser Sog, in dem wir uns alle befinden, wenn wir auf Social Media aktiv sind, verstärkt sich durch die Algorithmen meist von selbst. Je häufiger ähnliche Inhalte angezeigt werden, desto mehr glauben wir, dass sie richtig und wichtig sind. Je häufiger ein Produkt angezeigt wird, desto eher wollen wir es haben. Innerhalb dieser Dynamik bleibt oft wenig Zeit zum kritischen hinterfragen. Nicht umsonst gibt es den Begriff "FOMO" (Fear of Missing Out). Diese Abkürzung beschreibt die Angst etwas zu verpassen.
Eine zentrale Rolle spielen die Dogfluencer, denn Reichweite verleiht fast unmittelbar auch Autorität. Selbst dann wenn es sich nur um geschickt verpackte Werbung handelt, verfällt man leicht in den Glauben, das Gesprochene sei fachlich korrekt. Und wenn ich das an dieser Stelle aus Sicht einer Ernährungsberaterin für Hunde einordnen darf - es ist definitiv nicht immer korrekt!
Am Ende des Tages greifen all diese Mechanismen ineinander. Ästhetik, Trends, Werbung, verzerrte Wahrnehmungen und am Ende bleibt eine Reizüberflutung, die nach und nach den kritischen Blick nimmt. Die eigentliche Gefahr liegt nicht in einem hübschen Napf oder einer einzelnen Werbekooperation, sondern in der Summe all dieser Eindrücke.
Fazit
All die von mir herausgesuchten Aspekte, sind nur Teile eines größeren Problems. Wir leben in einer Welt der permanenten Stimulierung. In unserem Unterbewusstsein werden ständig Maßstäbe und Meinungen gebildet, unabhängig davon, ob es richtig oder gesund ist, um beim Thema der Hundeernährung zu bleiben.
Genau aus diesem Grund lohnt es sich einfach mal innezuhalten und sich zu fragen: Folge ich hier meinem eigenen Wissen, meiner eigenen Überzeugung oder nur den Meinungen und Bildern, die mich umgeben?
Die Gesellschaft gewöhnt sich daran Entscheidungen anhand von Bildern, Likes und Trends zu treffen, anstatt sich selbstständig mit Fakten auseinanderzusetzen. Das kann bequem sein, aber teilweise auch gefährlich. Am Ende geht es hier vielleicht um viel mehr als die Fütterung. Vielleicht geht es darum die Kontrolle über unsere Wahrnehmung zurückzugewinnen. Denn nur so können wir bewusste und verantwortungsvolle Entscheidungen treffen. Für uns Selbst, aber auch für unsere Tiere.
Quellen
Alle Quellen sind direkt als Link in meinem Blogartikel verlinkt. Zur besseren Übersicht hier nochmal eine übersichtliche Auflistung.
- https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0167811623000599
- https://www.personio.de/hr-lexikon/halo-effekt/
- https://edoc.ub.uni-muenchen.de/31599/
- https://www.mdpi.com/2306-7381/10/7/447
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